Titel: Professionelle Entscheidungen in kritischen Situationen des Sportunterrichts (PCK 2.0) – Eine qualitativ-empirische Untersuchung zum fachdidaktischen Wissen von Lehrpersonen


Autorin: Dr. phil. Jolanda Vogler
Gutachtende: Prof. Dr. Roland Messmer (PH FHNW), Prof. Dr. André Gogoll (EHSM), Prof. Dr. Uwe Pühse (Universität Basel)
Projektdauer: 2015-2019

Abstract
Theoretischer Hintergrund
Die vorliegende Forschungsarbeit weist auf einen aktuellen Diskurs und Paradigmenwechsel in der Professionsforschung hin. Nachdem der Fokus in der fachdidaktischen Forschung bisher auf ein relativ starres und dispositives Wissen von Lehrpersonen gerichtet war, liegt das Augenmerk aktuell auf dem situativen, kontextbezogenen und situativ-improvisierenden Wissen in Situationen der Entscheidungen des Unterrichtsalltags. Die theoretische Aufarbeitung gibt Einblicke in die Professionsforschung und zeigt auf, dass der gegenwärtige Diskurs im pädagogischen Kontext zunehmend von Konzepten der professionellen Kompetenz, dem diesen zugrunde liegenden Professionswissen sowie dem von ihnen ausgehende situationsadäquate Expertenhandeln von Lehrpersonen bestimmt wird. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf der Klärung von Begriffen der Professionalisierung, des Expertenbegriffs und deren Konzeptionen. Abgerundet wird die theoretische Aufarbeitung mit der Beleuchtung von unterschiedlichen Wissensarten, welche Lehrpersonen in ihren Entscheidungen beeinflussen, und der Darstellung des fachdidaktischen Wissens (pedagogical content knowledge; kurz PCK) spezifisch für den Sportunterricht.
Untersuchungsabsicht und Forschungsfrage
Das vorliegende Forschungsprojekt (PCK 2.0) wird in Bezug zu einer umfassenden Untersuchung des vorgängigen Projekts PCK 1.0 gesetzt (Vogler et al., 2017). In dessen Kontext und mit demselben Datenmaterial ist die Arbeit entstanden. Die aus dem Projekt PCK 1.0 erhobenen schriftlichen Daten konnten im vorliegenden Dissertationsprojekt PCK 2.0 qualitativ ausgewertet werden. Die Ausgangslage aus dem Projekt PCK 1.0 und die theoretische Aufarbeitung in diesem vorliegenden Projekt leiten zur Hauptfragestellung über: «Welche Entscheidungsmuster lassen sich bei Sportlehrpersonen in kritischen Situationen im Unterricht identifizieren?»
Durchgeführte Untersuchungen
Die Wahl der Erhebungsmethode (Vignettenbefragung) folgt konsequent dem Vorhaben, der Nutzung von fachdidaktischem Wissen seitens der Sportlehrpersonen auf möglichst situationsspezifische und kontexttreue Weise empirisch nachzukommen. Dieser Ansatz kann für die Sportdidaktik und im Allgemeinen für die Lehrerprofessionsforschung als innovativ bezeichnet werden. Deshalb wird auch die Auswertung anhand der Dokumentarischen Methode als passend empfunden. Diese Methode bietet dabei den Vorteil, dass die Auswertung nach dem Prinzip der Offenheit rekonstruktiv vom gegebenen Datenmaterial ausgehend geschehen kann (Bohnsack, 2014, S. 23).
Resultate und Diskussion
Im Zuge der sinngenetischen und soziogenetischen Typenbildung (gemäss der Dokumentarischen Methode) konnten insgesamt fünf Entscheidungsmuster, in denen sich die Reaktionen der Sportlehrpersonen in den untersuchten Critical Incidents des Sportunterrichts manifestieren, identifiziert werden.

  • Entscheidungsmuster 1: Die fächervergleichende Konstruktion
  • Entscheidungsmuster 2: Empathie für Schüler*innen zeigen
  • Entscheidungsmuster 3: Situation auflösen oder ertragen
  • Entscheidungsmuster 4: Der Anreizimpuls
  • Entscheidungsmuster 5: Disziplinarische Massnahmen umsetzen

Diese Entscheidungsmuster zeigen exemplarisch in ihrer Komplexität auf, dass es selten nur eine «richtige» Lösung für eine kritische Situation gibt, weshalb die Entscheidungsmuster analog des Begriffs des «Kompetenzbündels» nach Oser (u.a. Oser et al., 2007, S. 14) aufgefasst werden können.