Promovend: Samuel Burri
Keywords: Digitaler Wandel, Professionalisierung, Geographiedidaktik, Unterrichtsplanung
Gutachtende: Prof. Dr. Marko Demantowsky, Prof. Dr. Gerhard Lauer, N.N.
Projektbeginn: HS 2019

Thematische Einordnung:
Der digitale Wandel betrifft angehende Lehrpersonen in mehrfacher Hinsicht. Einerseits nutzen sie Informations- und Kommunikationstechnik (ICT) für ihren Alltag und ihr Studium, andererseits greifen sie für ihre Unterrichtsplanung auf eine Vielzahl an Onlineangeboten zurück (Internetrecherchen, Plattformen, digitale Karten, Materialien, Daten etc.). Obwohl die Planung von Unterricht eine zentrale Rolle in der Professionalisierung von Lehrpersonen einnimmt, sind spezifische Untersuchungen rar (Litten 2017; Wernke und Zierer 2017; Haar und Streber 2017). Studien zum Planungsverhalten von Geographielehrpersonen fehlen bisher.

Theoretische Verankerung:
Das  vorliegende Dissertationsprojekt bezieht sich im Verständnis von Digital Literacy auf die Arbeit von Martin und Grudziecki. Ihr Modell geht von individueller Entwicklung zwischen drei unterschiedlichen Levels von Digital Literacy (digital competence/digital usage/digital transformation) (Martin und Grudziecki 2006, S. 255–259) Dieses Modell geht davon aus, dass fliessende Übergänge zwischen den verschiedenen Aspekten/Levels von Digital Literacy bestehen und dass die Entwicklung von entsprechender Literacy kein linearer Prozess ist. 

Fragestellung:
Es stellt sich die Grundfrage, wie angehende Lehrpersonen in ihrer Ausbildung auf den digitalen Wandel vorbereitet werden (sollen). Um geeignete Konzepte erarbeiten zu können, braucht es aber zuerst eine Bestandesaufnahme. Da solch spezifische Erkenntnisse aus der Forschung noch nicht vorhanden sind, soll im vorliegenden Dissertationsprojekt nun am Beispiel des Unterrichtplanungsprozesses von angehenden Geographielehrpersonen die Digital Literacy zu Beginn des Studiums untersucht werden.

Diese Studie wird gezielt als explorative Studie angelegt und dementsprechend mit einem qualitativen Forschungsdesign geplant. Aus dem Forschungskontext und Forschungsstand abgeleitet, werden folgende Forschungsfragen formuliert:

  • Was zeichnet Digital Literacy aus geographiedidaktischer Perspektive aus?
  • Welche Bedeutung spielt das Internet in der Unterrichtsplanung von angehenden Geographielehrpersonen und wie wird es von ihnen dabei genutzt?
  • Welche Ausprägungen von Digital Literacy sind in der Untersuchungsgruppe feststellbar?
  • Welche persönlichen Entwicklungsfelder bezüglich Digital Literacy und Unterrichtsplanung stellen die Studierenden fest und inwieweit könnte die Ausbildung Unterstützung leisten?

Methoden der Datenerhebung und -auswertung:
Als Materialgrundlage dienen Daten, die spezifisch für das vorliegende Dissertationsprojekt erhoben werden. Der Feldzugang zu den Studierenden in der Lehrerausbildung auf der Stufe Sek I ist über die Professur der Gesellschaftswissenschaften der PH FHNW gegeben.

Den Teilnehmenden wird eine fiktive Planungssituation zu einem relevanten Themenkomplex der Geographie gestellt. Ihr Planungsprozess wird mittels einer Screen-Recording-Software aufgezeichnet. Parallel wird die Methode lautes Denken angewendet. Dazu werden die Teilnehmenden aufgefordert, sämtliche Gedanken, Überlegungen, Ideen etc. zu verbalisieren. Diese Methode eignet sich besonders gut zur Untersuchung von Denk-, Lern- und Problemlöseprozessen und wird vielfach in der Lehr-Lernforschung angewendet (Schnell 2016, S. 29). Nach der Vignettenerhebung erfolgt ein leitfadengestütztes Einzelinterview zur Reflexion des Planungsprozesses und zur Vertiefung von Punkten, die für die Bearbeitung der Forschungsfragen von Bedeutung sind. Für die Datenauswertung werden Video- und Audioaufnahmen transkribiert, computergestützt mit MAXQDA kodiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse analysiert (Kuckartz 2016; Schmidt 2015).

Ziele:
Das vorliegende Dissertationsprojekt soll erste empirische Erkenntnisse zur Digital Literacy bei angehenden Geographielehrpersonen der Stufe Sek I gewinnen. Eingebettet in die Forschungsschwerpunkte der Professur, sollen einerseits bisherige Ergebnisse an der gewählten Untersuchungsgruppe spezifiziert und ausdifferenziert andererseits aber auch wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Lehrerausbildung gewonnen werden.

Literatur:
Bakenhus, Silke; Wernke, Stephan; Zierer, Klaus (2017): Welche Planungsüberlegungen tätigen berufserfahrene Lehrkräfte, wenn sie unter nicht vertrauten Rahmenbedingungen Unterricht vorbereiten müssen? Eine qualitative Studie mithilfe eines Szenarios. In: Stephan Wernke und Klaus Zierer (Hg.): Die Unterrichtsplanung: ein in Vergessenheit geratener Kompetenzbereich?! Status Quo und Perspektiven aus Sicht der empirischen Forschung. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, S. 176–194.

Gassmann, Claudia (2013): Erlebte Aufgabenschwierigkeit bei der Unterrichtsplanung. Eine qualitativ-inhaltsanalytische Studie zu den Praktikumsphasen der universitären Lehrerbildung. Wiesbaden: Springer.

Haag, Ludwig; Streber, Doris (2017): Unterrichtsvorbereitung bei Lehrkräften – ein Thema?, wenn ja, für alle in gleicher Weise? In: Stephan Wernke und Klaus Zierer (Hg.): Die Unterrichtsplanung: ein in Vergessenheit geratener Kompetenzbereich?! Status Quo und Perspektiven aus Sicht der empirischen Forschung. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, S. 166–177.

Kuckartz, Udo (2016): Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 3., überarbeitete Auflage. Weinheim, Basel: Beltz Juventa (Grundlagentexte Methoden).

Litten, Katharina (2017): Wie planen Geschichtslehrkräfte ihren Unterricht? Eine empirische Untersuchung der Unterrichtsvorbereitung von Geschichtslehrpersonen an Gymnasien und Hauptschulen. 1st ed. Gottingen: Vandenhoeck & Ruprecht (Beihefte zur Zeitschrift für Geschichtsdidaktik, v.14).

Martin, Allan; Grudziecki, Jan (2006): DigEuLit: Concepts and Tools for Digital Literacy Development. In: Innovation in Teaching and Learning in Information and Computer Sciences 5 (4), S. 249–267.

Schmidt, Christiane (2015): Analyse von Leitfadeninterviews. In: Uwe Flick, Ernst von Kardorff und Ines Steinke (Hg.): Qualitative Forschung. Ein Handbuch. 11. Auflage, Originalausgabe. Reinbek bei Hamburg: rowohlts enzyklopädie im Rowohlt Taschenbuch Verlag (Rororo Rowohlts Enzyklopädie, 55628).

Schnell, Christina (2016): "Lautes Denken" als qualitative Methode zur Untersuchung der Validität von Testitems. Erkenntnisse einer Studie zur Diagnose des ökonomischen Fachwissens von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I. In: Zeitschrift für ökonomische Bildung 2016 (5), S. 26–49.

Wernke, Stephan; Zierer, Klaus (Hg.) (2017): Die Unterrichtsplanung: ein in Vergessenheit geratener Kompetenzbereich?! Status Quo und Perspektiven aus Sicht der empirischen Forschung. Die Unterrichtsplanung - ein in Vergessenheit Geratener Kompetenzbereich?!; Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung; Tagung Die Unterrichtsplanung - Ein in Vergessenheit geratener Kompetenzbereich?! Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.