Der Einfluss hybrider Lern- und Lehrsettings auf die Professionalisierung und das berufliche Belastungserleben Hochschullehrender
Promovendin: Janine Marchal-Baumberger
Keywords: hybride Lern- und Lehrsettings, Hochschullehrende, berufliches Belastungserleben, Professionalisierung, professionelles Wissen und Können, Werthaltung und Überzeugung, selbstregulative Fähigkeiten, motivationale Orientierung
Gutachtende: Prof. Dr. Pierre Tulowitzki, Prof. Dr. Manfred Max Bergman
Projektbeginn: FS 2023
Thematische Einordnung und theoretische Verankerung:
Viele Hochschulen nutzen die Erfahrungen aus der Zeit der Pandemie, um ihr Bildungsangebot flexibler und zugänglicher zu gestalten und den Bedürfnissen der Studierenden, welche Online-Formate wünschen, gerecht zu werden (u.a. Bachman et al., 2021; Hoch, 2022). Besonders Formate wie Blended- oder Hybrid Learning haben in der Schweiz, aber auch in der internationalen Hochschullandschaft, eine gewisse Verbreitung gefunden (u.a. Marcus, 2022; Steiner, 2022).
Den Hochschullehrenden kommt in Bezug auf die Qualität der Hochschullehre eine besondere Bedeutung zu: Sie gestalten die Lernumgebung und setzen den Rahmen, in dem Kompetenzen und Wissen erworben werden können. Gute Lehre geht weit darüber hinaus, Fachinhalte korrekt weiterzugeben. Sie ist mit der Persönlichkeit, der Selbstkompetenz, der sozialen Kompetenz sowie dem beruflichen Belastungserleben des Lehrenden verknüpft (Hartz et al., 2022).
Derweil die Situation Hochschullehrender während der Pandemie in vielen Teilen empirisch erfasst wurde (u.a. Allen et al., 2020; Göbel et al., 2021), so existieren bisher kaum Studien zur Situation der Hochschullehrender nach der Covid-19-Pandemie. Studien, in welchen die Situation Hochschullehrender im Kontext von Hybrid Learning, welches einem komplexen didaktischen Modell, das verschiedene Medien (online, offline), Theorien (Konstruktivismus, Behaviorismus, Kognitivismus), sowie Methoden (synchron, asynchron) beinhaltet, unterliegt (Wiepcke, 2006), sind bisher erst in geringer Zahl erschienen und haben primär neue Unterrichtsstrategien, den Ressourcenbedarf, Vor- und Nachteile sowie die Einstellung Hochschullehrender gegenüber digitaler Technologien in den Blick genommen (u.a. Cobo-Rendón et al., 2022; Weilage & Stumpfegger, 2022).
Forschungsfragen:
Aus diesen Befunden ergeben sich folgende Fragestellungen für die Dissertation:
• Wie beeinflusst das hybride Lehrsetting die Lehrkompetenzen und das berufliche Belastungserleben der Hochschullehrenden?
• Lassen sich Zusammenhänge zwischen dem beruflichen Belastungserleben und den Kompetenzen der Lehrenden identifizieren?
• Welche Handlungsstrategien entwickeln Hochschullehrende in hybriden Settings in Bezug auf veränderte Kompetenzen?
Methodischer Zugang:
Das Dissertationsvorhaben soll anhand eines zweiphasigen Mixed-Method-Designs geplant und durchgeführt werden. in einem ersten Schritt werden Hochschullehrende mittels standardisierter Papier- und Online-Fragebogen, einmal nach der traditionellen „Unterrichtssequenz“ und einmal nach der „hybrid- durchgeführten“ Unterrichtssequenz befragt. Dies soll darüber Aufschluss geben, ob bezüglich der Lehrkompetenzen der Hochschullehrenden in den verschiedenen Lehrsettings Unterschiede vorliegen.
Anschliessend an die quantitative Analyse werden in einer zweiten Phase qualitative Interviews mit Dozierenden durchgeführt. Durch diese qualitative Phase sollen Einblicke in Reflexionsprozesse und Wirkungszuschreiben sichtbar gemachen und analysiert werden. Es ist auch beabsichtigt, die bereits im quantitativen Material vorgefundenen Unterschiede zu präzisieren und zu erläutern sowie Handlungsstrategien zu erfassen und zu verdeutlichen (Kuckartz, 2014).
Materialgrundlage und Feldzugang:
Die Daten für dieses Promotionsvorhaben werden an der FHNW erhoben. Dozierende, welche einen Teil ihres Unterrichts hybrid und den anderen klassisch als Präsenzlehre anbieten, werden kontaktiert. Die Fragebogen sowie das anschliessende Interview werden jeweils zu dem Zeitpunkt durchgeführt, an dem die Lehrenden den Unterricht abgeschlossen haben.
Erwarteter Gewinn der Arbeit:
Derzeit lässt sich schwer vorhersagen, wie sich die Bildung nach der Covid-19-Pandemie entwickeln wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Online-Bildung Bestandteil des Lehr- und Lernprozesses sein wird (Pelletier et al., 2022). Die Erfahrungen während der Pandemie haben zu Fortschritten bei der Umsetzung der digitalen Bildung geführt und gezeigt, wie wichtig es ist, flexible und vielseitige Lernumgebungen zu schaffen. Damit sich die Hochschule und ihre Dozierenden weiterentwickeln kann, müssen Veränderungen bezüglich der Lehrkompetenzen sowie dem beruflichen Belastungserleben der Hochschullehrenden erkannt und in einem weiteren Schritt adressiert werden. In dieser Arbeit soll ein Teil dazu beigetragen werden, den digitalen Wandel an Hochschulen zu unterstützen.
Literatur:
Allen, R., Jerrim, J., & Sims, S. (2020). How did the early stages of the COVID-19 pandemic affect teacher wellbeing? (CEPEO Working Paper Series Nr. 20–15). UCL Centre for Education Policy and Equalising Opportunities. https://econpapers.repec.org/paper/uclcepeow/20-15.htm
Bachman, G., Brandt, S., Häfeli, A., Röder, H., Degen, S., & Karrer, J. (2021). Studieren in Coronazeiten—Umfrage—Ergebnisse und Perspektiven.pdf. https://www.unibas.ch/dam/jcr:17f7352e-752a-43f5-9d4b-0c158e37bf9f/Studieren%20in%20Coronazeiten%20-%20Umfrage%20-%20Ergebnisse%20und%20Perspektiven.pdf
Cobo-Rendón, R., Bruna Jofre, C., Lobos, K., Cisternas San Martin, N., & Guzman, E. (2022). Return to University Classrooms With Blended Learning: A Possible Post-pandemic COVID-19 Scenario. Frontiers in Education, 7. https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/feduc.2022.957175
Göbel, K., Makarova, E., Neuber, K., & Kaqinari, T. (2021). Der Übergang zur digitalen Lehre an den Universitäten Duisburg-Essen und Basel in Zeiten der Corona-Pandemie. In U. Dittler & C. Kreidl (Hrsg.), Wie Corona die Hochschullehre verändert: Erfahrungen und Gedanken aus der Krise zum zukünftigen Einsatz von eLearning (S. 351–374). Springer Fachmedien. https://doi.org/10.1007/978-3-658-32609-8_22
Hartz, S., Aust, K., Gottfried, L. M., & Kurtz, C. (2022). Kompetenzentwicklung und Lerntransfer in der Hochschullehre: Eine empirische Studie mit Erhebungs- und Auswertungsinstrumenten. Springer Fachmedien. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31062-2
Hoch, M. (2022). Semesterbeginn: Hochschulen wollen diesen Winter in Präsenz lehren. Die Zeit. https://www.zeit.de/news/2022-10/09/hochschulen-wollen-diesen-winter-in-praesenz-lehren?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.swissinfo.ch%2F
Kuckartz, U. (2014). Mixed Methods: Methodologie, Forschungsdesigns und Analyseverfahren. Springer Fachmedien. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93267-5
Marcus, J. (2022). With online learning, ‘Let’s take a breath and see what worked and didn’t work’ | eKathimerini.com. https://www.ekathimerini.com/nytimes/1195270/with-online-learning-lets-take-a-breath-and-see-what-worked-and-didnt-work/
Pelletier, K., McCormack, M., Reeves, J., Robert, J., & Arbino, N. (2022). 2022 EDUCAUSE Horizon Report, Teaching and Learning Edition.
Steiner, N. (2022). «Digitale Lehre beleben: Das Beste aus beiden Welten». Portal. https://www.unibe.ch/weiterbildung/aktuelles/online_magazin/beitraege/digitale_lehre_beleben_das_beste_aus_beiden_welten/index_ger.html
Weilage, C., & Stumpfegger, E. (2022). Technology acceptance by university lecturers: A reflection on the future of online and hybrid teaching. On the Horizon: The International Journal of Learning Futures, 30(2), 112–121. https://doi.org/10.1108/OTH-09-2021-0110
Wiepcke, C. (2006). Computergestützte Lernkonzepte und deren Evaluation in der Weiterbildung: Blended learning zur Förderung von Gender Mainstreaming (Vol. 23). Kovač.