10 Jun 2021 - 11 Jun 2021

Online

Veranstalter:
Universität Zürich, Universität Bielefeld & Universität Innsbruck

Migration Education, and the Political Sphere

Internationale Tagung: Das Kooperationsprojekt zwischen dem Institut für Erziehungswissenschaft (IfE) der Universität Zürich, der Universität Bielefeld sowie der Universität Innsbruck findet online statt am 10. und 11. Juni 2021.

Nach Jahrzehnten der zunehmenden globalen Vernetzung,
welche einerseits durch technologische Entwicklungen
vorangetrieben worden ist, und andererseits durch eine
Politik, welche die Märkte weltweit für Handel und
Investitionen geöffnet und Arbeits- wie Bildungsmigration
befördert hat, entstehen nicht erst mit der Corona-
Pandemie auf allen Kontinen-ten politische Kräfte im
Zeichen und mit der Orientierung der De-Globalisierung
und Re-Nationalisierung. Das Unbehagen an der
Globalisierung wird durch das neue Unbehagen an der
De-Globalisierung ersetzt bzw. ergänzt. Beide Tendenzen
kennen sowohl destruktive als auch konstruktive
Erscheinungsformen. Zu diesen gehören die Intensivierung
von Wirtschaftsbeziehungen wie auch das Aufblühen
des nationalen Protektionismus, eine neue Mobilisierung
und nie dagewesene Mobilität, die Vermehrung
transnationaler Räume ebenso wie die Hinderung der
Bewegungsfreiheit durch neue/alte nationale oder
supranationale Grenzregime, die Verschärfung von
Landnahme, Ressourcenverbrauch und Klimawandel,
aber auch die Bemühung, dieselben mit internationalen
Abkommen zu mildern. Die damit verbundenen
politischen, ökonomischen und ethischen Probleme
(Konflikte) und Ambivalenzen stellen eine Herausforderung
für die demokratische und politische (Grund-)
Bildung aller Mitglieder der als Migrationsgesellschaft
kennzeichenbaren Gegenwartsgesellschaft dar.
Migration ist zwar kein ausschließlich modernes
Phänomen; gleichwohl gelten gegenwärtig spezifische
Bedingungen: Noch nie waren weltweit so viele Menschen
bereit, aufgrund von Umweltkatastrophen, (Bürger-)
Kriegen und anderen Bedrohungen gezwungen und
aufgrund der technologisch bedingten Veränderung von
Raum und Zeit in der Lage, ihren Arbeits- oder Lebensmittelpunkt
auch über große Distanzen hin zu verändern:
Wir leben, so die mittlerweile breit geteilte Diagnose,
im Zeitalter der Migration (Stephen Castles). Dass grenzüberschreitenden
Wanderungsbewegungen für
Gesellschaften und Individuen weltweit gegenwärtig eine
besondere Bedeutung zukommt, hängt hierbei auch mit
der nicht zuletzt aufgrund von Migrationsphänomenen
expandierenden, programmatisch ‚modernen‘ Idee
zusammen, dass Menschen befugt und in der Lage sind,
Einfluss auf ihr eigenes, nicht zuletzt auch mit dem
jeweiligen geographischen, ökologischen, politischen und
kulturellen Ort verbundenes Schicksal zu nehmen. Die
globale Gegenwart geht auch damit einher, dass Menschen
verstärkt deshalb Grenzen politischer Ordnungen
überschreiten, weil sie nicht nur davon ausgehen, dass
sie dies könne, sondern auch, dass Ihnen dies zusteht.
Migration ist somit nicht allein ein Prozess des
Überschreitens
von (z.B. nationalen) Grenzen, sondern ein
Phänomen, das die Thematisierung von symbolischen
und materiellen Grenzen der Zugehörigkeit nach sich zieht,
welche dadurch problematisiert, gestärkt und zuweilen
auch überhaupt erst erschaffen werden. Gerade weil
Migrationsphänomene gesellschaftliche und institutionelle
Wirklichkeiten sowohl mit Bezug auf funktionale wie
normative Aspekte in Frage stellen, geht mit diesen einher,
dass die politische Dimension des Sozialen besonders
deutlich in Erscheinung tritt.
Das „Politische“ – im Gegensatz zur Politik als systemischfunktionaler
Zusammenhang des Staatsapparates und
seiner Institutionen – kann hierbei als eine grundlegende
Dimension des Sozialen verstanden werden, in der die
Auseinandersetzungen um die Angemessenheit und
Legitimität der sozialen Ordnung durch Be-Gründungen
stattfinden (vgl. etwa Marchart 2010). Das Politische
verweist auf Auseinandersetzungen, Einsätze und Kämpfe
um die Frage der „allgemeinen guten Ordnung“.
Auch deshalb zeigt sich auf der Ebene der öffentlichen und
medialen Diskurse sich eine komplexe Gemengelage
von Motiven und Gründen der Anerkennungs- und
Verteilungskämpfe zwischen sozialen Gruppen, kulturellen
Milieus, zwischen Ein- und Mehrheimischen, während
die Handlungsmöglichkeiten der Individuen auf der
Ebene der Lebenswelt von systemischen Widersprüchen
und De- respektive Privilegierungserfahrungen
gekennzeichnet sind. Während das Ideal der öffentlichen
Auseinandersetzung und Diskursivität weiterhin die
Existenz oder wenigstens die Möglichkeit einer res publica
voraussetzt respektive unterstellt, kann eine gemeinsame
Welt weniger in ihrer Faktizität als vielmehr nur ihrer
Migration, Education,
and the Political Sphere
Migration, Bildung
und das Politische
Internationale Tagung
Universität Zürich
Universität Bielefeld
Universität Innsbruck
10./11. Juni 2021
Normativität, Fiktionalität oder auch Widersprüchlich-
keit verstanden, behauptet und vielleicht verteidigt
werden. Der medial verstärkte Oberflächenrealismus und
zahlreiche ideologische „Vereindeutigungstendenzen“
in Politik und Kultur bezeugen eine migrations-
gesellschaftliche Krise der Imagination, welche im Kern
sowohl eine Krise des Politischen als auch eine Krise
der Bildung darstellt. Sie fordert heraus Gesellschaft neu
zu denken, einen Umgang mit den Verschiedenen
zu finden, Solidaritäten zu entwickeln, die nicht auf
die uns jeweils ähnlichen beschränkt bleiben, wie
insgesamt den Möglichkeitssinn und die Vorstellungskraft
zu befördern hinsichtlich dessen, was heute
noch das Politische sein könnte. Damit verbunden ist
ein Nachdenken über Bildung und Erziehung
in der Migrationsgesellschaft, das sich deren Ambivalenzen
stellt und ihren politischen Potentialen
zu nähern sucht.

Datum: 10./11. Juni 2021
Veranstaltungsort: per Zoom (den Link erhalten Sie nach der Anmeldung)
Anmeldung: per E-Mail an Frau Nadine Burri: n.burri@clutterife.uzh.ch


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