Prozess- und Wirkungsevaluation im schulischen und ausserschulischen Sport - am Beispiel der Unterrichtsqualität und den motorischen Basiskompetenzen

Promovendin: Marina Wälti
Keywords: Prozessevaluation, Wirkungsevaluation, Sport, Unterrichtsqualität, motorische Basiskompetenzen, Förderbedarf
Gutachtende: Prof. Dr. Uwe Pühse, Prof. Dr. Elke Gramespacher
Projektbeginn: HS 2019

Thematische Einordnung

Zur Gewährleistung einer hohen Qualität von (sportlichen) Angeboten ist es wichtig, diese gezielt zu evaluieren und Optimierungspotential sichtbar zu machen. Im Bereich Sport bedarf es sowohl im schulischen Kontext wie auch bei angeleiteten ausserschulischen Sportaktivitäten geeigneter Evaluationsmethoden.

Den Rahmen für die geplante kumulative Promotion bilden zwei Projekte der Universität Basel, welche sich einerseits mit der Prozessevaluation bzw. der Unterrichtsqualität von schulischem wie ausserschulischem Sport (QUALLIS bzw. QUALLIS-J+S) und andererseits mit der Wirkung von Sportunterricht in Bezug auf die motorischen Basiskompetenzen (MOBAK) befassen.

Prozessevaluation im Sport und Sportunterricht

Im Sportunterricht gilt die Unterrichtsqualität als entscheidend für den Kompetenzerwerb und die Leistungen von Schülerinnen und Schülern (Hattie, 2013; Seiz, Decristan, Kunter & Baumert, 2016). Sie setzt sich zusammen aus den Prozessen des Lehrens und des Lernens. Um diese Prozesse «sichtbar» (Hattie, 2013) zu machen, ist eine empirische Standortbestimmung des Unterrichts notwendig. Für den Sportunterricht wurde dazu das QUALLIS-Tool (Qualität des Lehrens und Lernens im Sport; Herrmann, 2018a) entwickelt. Es erfasst die Basisdimensionen guten Unterrichts Klassenführung, Schülerorientierung und Aktivierung mittels Fragebögen aus verschiedenen Perspektiven (Schüler-, Lehrer- und Beobachtersicht).

Zur Erstellung eines Beobachtungsinstruments für ausserschulische Sportaktivitäten wurde gemeinsam mit dem Bundesamt für Sport Schweiz (BASPO) ein Pilotprojekt initiiert, welches eine Anpassung des QUALLIS-Tools auf ein «QUALLIS-J+S-Instrument» sowie die Testung des entwickelten Instrumentes in der J+S-Expertenausbildung beinhaltet.

Methode

Es erfolgte eine inhaltliche Anpassung des QUALLIS-Tools an die «Handlungsempfehlungen für gute J+S-Aktivitäten» von J+S (BASPO, 2018). Ab Mai 2019 wird während drei Jahren zu sechs Zeitpunkten das adaptierte QUALLIS-J+S-Tool in die J+S-Expertenausbildung eingebunden. Dabei erhalten die Teilnehmenden der Ausbildungen die Aufgabe, QUALLIS-J+S-Erhebungen in J+S-Kursen oder –Trainings durchzuführen, wobei sie selber die Beobachterperspektive einnehmen. Zusätzlich bewerten die Leitpersonen sowie die Teilnehmenden der Kurse oder Trainings die Sporteinheit. Parallel dazu findet eine Evaluation des Instrumentes durch eine Befragung der Teilnehmenden der Expertenausbildungen statt. Damit soll das Instrument laufend weiterentwickelt und wo nötig angepasst werden.

Die wissenschaftliche Begleitung des QUALLIS-J+S-Projektes stellt einen Hauptteil dieses Promotionsvorhabens dar. Dabei geht es um die (Weiter-)Entwicklung des QUALLIS-J+S-Instruments und die Überprüfung der psychometrischen Gütekriterien.

Wirkungsevaluation im Sportunterricht

Motorische Basiskompetenzen gelten als zentrale Lernziele des Sportunterrichts in der Primarschule. Sie bilden die Basis für die Partizipation an der Sport- und Bewegungskultur und sind Grundlage für den Aufbau eines aktiven Lebensstils. Im Zentrum dieses Projektes stehen die länderspezifischen Leistungsniveaus und Förderbedürfnisse in den motorischen Basiskompetenzen von Primarschulkindern der ersten bis vierten Klasse in zwölf europäischen Ländern sowie deren Zusammenhänge mit bedeutsamen endogenen und exogenen Faktoren.

Methode

Innerhalb des von Erasmus+ geförderten Projekts «BMC-EU: Assessment and Promotion of Basic Motor Competencies in Europe» wurden im Jahr 2018 die beiden motorischen Kompetenzbereiche «Etwas-Bewegen» und «Sich-Bewegen» mit dem MOBAK-1-2 (Herrmann, 2018b) bei den Erst- und Zweitklässlern (N=4590) in zehn europäischen Ländern (z.B. Belgien, Deutschland, Griechenland, Portugal, Slowakei) erfasst. Mit dem MOBAK-3-4 (Herrmann, 2018b) wurden gleichzeitig die Dritt- und Viertklässler (N=2138) aus neun europäischen Ländern (z.B. Italien, Litauen, Österreich, Schweiz) gemessen. Zusätzlich erfolgte eine Befragung der Kinder zu ihrer ausserschulischen sportlichen Aktivität sowie eine Messung der Körpergrösse und Körpergewicht zur Berechnung des BMI. Weiter wurden Informationen zum Ausbildungsstand und der Erfahrung der Lehrpersonen sowie zum Unterrichtsinhalt, den Rahmenbedingungen und den Zielen des Sportunterrichtes erhoben.

Im Rahmen der Promotion soll neben der Deskription der motorischen Basiskompetenzen unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und BMI sowie der Prüfung deren Zusammenhänge untersucht werden, ob sich das Niveau und der Anteil an förderbedürftigen Kindern in den motorischen Basiskompetenzen zwischen den länderspezifischen Stichproben unterscheidet.

Erwarteter Gewinn der Arbeit

Um im Rahmen einer formativen Prozessevaluation die Unterrichtsqualität im ausserschulischen Sport sichtbar zu machen, fehlt es bis jetzt an geeigneten und validierten Instrumenten. Mit der Anpassung des QUALLIS-Evaluationstools auf die Handlungsempfehlungen von J+S wird ein solches Instrument entwickelt und für das spezifische Setting optimiert.

Guter Sportunterricht soll gemäss dem Angebot-Nutzungs-Modell (Helmke, 2014) auch gute Wirkungen erzielen, unter anderem den Erwerb von motorischen Kompetenzen. Um die motorischen Basiskompetenzen in einem breiten Umfang und länderübergreifend zu testen und zu vergleichen, wurde das BMC-EU-Projekt konzipiert. Die erfassten Daten ermöglichen ein in diesem Umfang erstmaliges Screening der motorischen Basiskompetenzen über verschiedene europäische Länder, dies unter Berücksichtigung verschiedenster Parameter wie Alter, BMI und ausserschulische Sportaktivität. Zudem können Erkenntnisse zum Förderbedarf sowie zum Zusammenhang von unterschiedlichen Rahmenbedingungen des Sportunterrichts auf die motorischen Basiskompetenzen gewonnen werden.

Literaturverzeichnis

Bundesamt für Sport. (2019). Gute J+S-Aktivitäten - vermitteln. Magglingen: Bundesamt für Sport.

Hattie, J. (2013). Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von Visible Learning. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren.

Helmke, A. (2014). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts (5. Aufl.). Seelze-Velber: Klett-Kallmeyer.

Herrmann, C. (2018a). Qualität des Lehrens und Lernens im Sport (QUALLIS) – Formative Evaluation der Unterrichtsqualität im Fach Sport. Sportunterricht (Themenschwerpunkt: Diagnostik im Sportunterricht), in Vorbereitung.

Herrmann, C. (2018b). MOBAK 1-4. Test zur Erfassung motorischer Basiskompetenzen für die Klassen 1 - 4. Hogrefe Schultests. Göttingen: Hogrefe.

Seiz, J., Decristan, J., Kunter, M. & Baumert, J. (2016). Differenzielle Effekte von Klassenführung und Unterstützung für Schülerinnen und Schüler mit Migrations-hintergrund. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 30 (4), 237–249.