Autorin: Dr. phil. Katja Schönfeld
Gutachtende: Prof. Dr. Roland Messmer (PH FHNW), Prof. Dr. Uwe Pühse (Universität Basel)
Projektdauer: 2016-2020

Abstract
Unter kognitiver Aktivierung wird ein zentrales Merkmal von Unterrichtsqualität verstanden. Die bei den SchülerInnen intendierte kognitive Aktivität kann als vertiefte kognitive Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand beschrieben werden (Lipowsky, 2015). Dadurch soll das konzeptuelle Verständnis des Unterrichtsgegenstandes gefördert und letztendlich der Aufbau von anwendbarem Wissen und Können (Kompetenzen) unterstützt werden (Klieme & Rakoczy, 2008). Während die Bedeutsamkeit von kognitiver Aktivierung für die Lernleistung in „kognitiven“ Fächern wie Mathematik bereits vielfach empirisch bestätigt wurde (siehe Praetorius et al., 2018), fehlt es für den Sportunterricht – einem Fach, in dem der Körper in Bewegung im Fokus steht – an fachspezifischen Erkenntnissen. Darüber hinaus fehlt es an Erkenntnissen zur Perspektive der SchülerInnen. Ausgehend von einem konstruktivistischen Lernverständnis dürfte sich die Nutzung des unterrichtlichen Angebots – wie das Lösen von kognitiv aktivierenden Aufgaben (siehe Messmer, 2019; Pfitzner, 2018) – und damit auch die kognitive Aktivität zwischen den einzelnen SchülerInnen unterscheiden.

Daraus ergibt sich folgende übergeordnete Fragestellung, welche der vorliegenden Dissertation zugrunde lag: Wie setzen sich SchülerInnen im Sportunterricht mit Aufgaben, die ein Potenzial zur kognitiven Aktivierung aufweisen, kognitiv auseinander? Im Zentrum stand demnach eine fachspezifische Auslegung von kognitiver Aktivierung, wobei der Fokus auf die kognitive Aktivität der SchülerInnen beim Lösen gestellter Aufgaben gelegt wurde.

Zur Erfassung der kognitiven Aktivität wurde eine qualitativ-explorative Untersuchung durchgeführt. Hierfür wurde den Lehrpersonen der untersuchten Klassen (Sekundarstufe 1) eine eigens für die Untersuchung konzipierte kognitiv aktivierende Aufgabenreihe zum Thema Hochsprung vorgegeben. Pro Klasse wurde je eine der Lektionen mithilfe von Brillenkameras aus der Perspektive einzelner SchülerInnen gefilmt und mit ihnen anschliessend Gespräche mittels „Video Stimulated Recall“ (vgl. Messmer, 2015) geführt: Dabei wurden ihnen ausgewählte Filmsequenzen (aus ihrer eigenen Perspektive) von sogenannten „Critical Incidents“ gezeigt und sie wurden aufgefordert, ihre Denkprozesse in den gefilmten Situationen zu verbalisieren. Um die kognitive Aktivität aus den Gesprächen rekonstruieren zu können, wurden die Gespräche anschliessend mit der Dokumentarischen Methode nach Bohnsack (2014) ausgewertet.

Es liessen sich insgesamt vier Modi der kognitiven Aktivität rekonstruieren, welche sich mit folgenden Schlagworten umschreiben lassen: die Erkundenden, die Ausprobierenden, die Zögernden und die Nachmachenden. Die Modi ergeben sich durch die Relation zwischen den jeweiligen Typen der beiden rekonstruierten Typiken (Vorgehensweise und Reflexion). Sie charakterisieren die Art und Weise, wie sich die SchülerInnen kognitiv mit den Aufgaben auseinandersetzen. Die Ergebnisse weisen unter anderem auf den schülerspezifischen Aspekt von kognitiver Aktivität hin und verdeutlichen die Notwendigkeit einer Differenzierung der kognitiven Aktivierung. Auch deuten die Ergebnisse auf eine enge Verknüpfung zwischen kognitiver Aktivität und der Bewegungsausführung und damit auf den fachspezifischen Aspekt hin.