Autor: Dr. phil. Jonas Steiger
Gutachtende: Prof. Dr. Roland Messmer (FHNW), Prof. Dr. André Gogoll (EHSM Magglingen), Prof. Dr. Uwe Pühse (Universität Basel)
Projektdauer: 2016-2018

Abstract
Diese Arbeit nimmt ihren Ausgang beim Problem einer Diskrepanz zwischen bildungspolitischen Forderungen und dem professionellen Handeln von (Sport unterrichtenden) Lehrpersonen angesichts migrationsbedingter Heterogenität. Unter der Annahme, dass das Unterrichtshandeln von (Sport-)Lehrpersonen in migrationsbedingt heterogenen Klassenverhältnissen zu grossen Teilen durch deren subjektive Überzeugungen bestimmt ist, bestand das Erkenntnisinteresse in der Eruierung von Überzeugungen Sport unterrichtender Lehrpersonen angesichts migrationsbedingter Heterogenität.Nach einer theoretischen Auseinandersetzung mit dem Konstrukt der Lehrerüberzeugungen sowie einer Aufarbeitung des empirischen Forschungsstandes zu Lehrerüberzeugungen angesichts migrationsbedingter Heterogenität wurde spezifisch den Fragen nach der lehrerseitigen Wahrnehmung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund im Sportunterricht sowie nach den Lehrervorstellungen zum Potenzial des Sportunterrichts für interkulturelles Lernen nachgegangen. Ziel war es, (erstes) Orientierungswissen zu generieren, das u. a. für die (Konzeption der) Aus- und Weiterbildung Sport unterrichtender Lehrpersonen hinsichtlich des Umgangs mit migrationsbedingter Heterogenität genutzt werden kann. Darüber hinaus bestand die Absicht der vorliegenden empirischen Untersuchung darin, einen – zumindest in Bezug auf den Lehr-Lern-Kontext des Sportunterrichts – noch wenig strukturierten Gegenstandsbereich möglichst methodenangemessen zu erkunden, Impulse für die hinsichtlich Interkulturalität noch sehr überschaubare, sportdidaktische Theoriebildung zu liefern und die Thematik damit letztlich auch für hypothesengeleitete Untersuchungen zugänglich zu machen. Mit Blick auf die schülerbezogenen Überzeugungen Sport unterrichtender Lehrpersonen lässt sich aufgrund der mittels eines aufwändigen Erhebungsverfahrens (Repertory Grid Technik) eruierten Ergebnisse festhalten, dass Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund im Sportunterricht weniger den Idealvorstellungen der Lehrpersonen (in Bezug auf sportliche Leistungsfähigkeit, Motivation, Engagement, Sozialverhalten) entsprechen als solche ohne Migrationshintergrund. Bezüglich der fachbezogenen Lehrerüberzeugungen machen die Ergebnisse deutlich, dass Sport unterrichtende Lehrpersonen die geringe Sprachgebundenheit, die Emotionalität und Erlebnishaftigkeit, die physische Bewegung und den hohen Praxisanteil sowie das (daraus resultierende) zum Ausdruckkommen persönlicher Hintergründe und Haltungen der Schülerinnen und Schüler als fachimmanente Chancen für interkulturelles Lernen im Sportunterricht sehen. Fächervergleichende Analysen weisen ausserdem darauf hin, dass dem Sportunterricht seitens der ihn erteilenden Lehrpersonen insgesamt ein hohes Potenzial für interkulturelles Lernen zugesprochen wird. Schliesslich machen die Resultate deutlich, dass interkulturelles Lernen im Sportunterricht aus Sicht der Lehrpersonen aufgrund unterrichtlicher Bedingungen zustande kommt bzw. kommen kann, die für die Mehrheit anderer Schulfächer vergleichsweise untypisch sind.