Effective implementation of serious games in gender-sensitive career education: A quantitative study.

Promovend: Christopher Keller
Keywords: Serious Games, Berufliche Orientierung, Berufswahl
Gutachtende: Prof. Dr. Elena Makarova, Institut für Bildungswissenschaften IBW, Universität Basel (CH)   
PD Dr. Anna K. Döring, Institut Psychology, School of Social Sciences, University of Westminster (UK)
Projektbeginn: HS 2019
 
Thematische Einordnung und Problemlage
Mit der Einführung des Schweizer Volksschulcurriculums (Lehrplan21) wurde dem Übertritt von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II eine grosse Bedeutung zugeschrieben. Folglich wurde das Modul Berufliche Orientierung in den Lehrplan21 integriert. Der fächerübergreifende Berufswahlunterricht auf der Sekundarstufe I soll die Jugendlichen bis zum Ende der obligatorischen Schweizer Volksschule unterstützen, sich alle notwendigen Kompetenzen anzueignen, um eine bewusste und individuell passende Entscheidung hinsichtlich ihrer Erstausbildung zu treffen (vgl. D-EDK, 2014; D-EDK, 2016). 
Untersuchungen zeigten, dass sich in Schweizer bildungs- als auch berufsspezifischen Karrierebiografien deutliche geschlechtstypische Segregationsmuster einnisteten. So entscheiden sich Frauen und Männer vorwiegend für Berufs- oder Studienrichtungen, in welchen eine Dominanz des eigenen Geschlechts vorherrscht (vgl. Makarova, Lüthi & Hofmann, 2017). Eine horizontale Geschlechtersegregation im Kontext der beruflichen Karriere hat zdem eine negative Wirkung auf die Lebenschancen von Frauen und Männern, beeinflusst junge Lernende hinsichtlich ihrer individuellen Berufswahl und führt zu Engpässen bei der Rekrutierung von Fachpersonal; vor allem im Bereich der MINT-Fachgebiete (vgl. Gottfredson, 2002; Makarova et al., 2017).  
Eine Möglichkeit Jugendlichen den Schweizer Bildungsraum zugänglich zu machen und einer geschlechtssegregierenden Entwicklung entgegenzutreten, bieten Serious Games. Die Spiele mit Simulationscharakter zielen darauf ab, dass sich Spielende nach gegebenen Regeln auf unterhaltsame Art und Weise mit unterschiedlichen Fachbereichen auseinanderzusetzen. Meist treten sie als Computerspiele auf (Hainey, Connolly, Stansfield & Boyle, 2011). Internationale Studien weisen darauf hin, dass Serious Games im schulischen Kontext sowohl das Interesse, die Lernbereitschaft, das Lernverhalten, die Motivation als auch den Lernerfolg positiv beeinflussen können (vgl. Hainey et al., 2011; Chu & Chang, 2014; Iten & Petko, 2016; Vu & Feinstein, 2017; Yang et al., 2018). 
Ein umfassender theoretischer Rahmen, in welchem das Lernen mit Serious Games im schulischen Kontext genau erläutert und beschrieben wird, ist derzeit ausstehend. Folglich erscheint eine didaktische Einbettung von Serious Games in den Schulunterricht schwierig. Vor allem im Bereich der Berufswahl von Schülerinnen und Schülern auf der Sekundarstufe I wurden weder die Wirksamkeit noch mögliche Anwendungsmöglichkeiten von Serious Games noch nicht ausreichend evaluiert.
 
Forschungsvorhaben und erwarteter Erkenntnisgewinn
Die geplante Dissertation soll anhand des Serious Games like2be aufzeigen welche Effekte (motivationale, affektive, kognitive) der Einsatz von Serious Games im Schulunterricht zur Beruflichen Orientierung auf den Berufswahlprozess von Schülerinnen und Schülern hat. Weiter sollen die Erkenntnisse einen konkreten Ansatz ermöglichen, um Serious Games didaktisch-methodisch effektiv in den Schulunterricht der Beruflichen Orientierung zu implementieren, damit individuelle BerufswahlEntscheidungen von Schülerinnen und Schülern im Schulunterricht optimal gefördert werden können ohne von Geschlechtsstereotypen eingeschränkt zu werden. Weil die didaktisch-methodische Einbettung von Serious Games in den Schulunterricht an pädagogischen Hochschulen in der Schweiz bis dato keinen Schwerpunkt darstellt, können die Ergebnisse dieser Dissertation dazu beitragen das Schweizer Bildungssystem besser auf den Wandel durch die Digitalisierung vorzubereiten. Mit der Analyse, wie Serious Games möglichst effektiv in den Schulunterricht eingebettet werden können, entsteht die Möglichkeit einerseits die Unterstützung im Berufswahlprozess der Schülerinnen und Schüler auf der Sekundarstufe I zu optimieren, andererseits gezielt didaktische Konzepte für den Einsatz von Serious Games im Schulunterricht zu erarbeiten. 
 
Forschungsfragen
I. Welche Effekte (motivationale, affektive, kognitive) hat der Einsatz von Serious Games im Schulunterricht zur Beruflichen Orientierung auf den Berufswahlprozess von Schülerinnen und Schülern?

II. Wie können Serious Games möglichst effektiv in den Schulunterricht zur Beruflichen Orientierung implementiert werden, um geschlechts-atypische Berufswahl-Entscheidungen von Schülerinnen und Schülern zu fördern?

III. Wie können Serious Games didaktisch-methodisch möglichst effektiv in den Schulunterricht zur Beruflichen Orientierung implementiert werden? 
 
Forschungsmethode
Aus der, als eigene Masterarbeit durchgeführten Pilotstudie zur Wirksamkeit des Serious Games like2be resultierten vielversprechende Ergebnisse. Die quasi-experimentelle Pilotstudie wurde im Herbst 2018 durchgeführt und umfasste ca. 250 Schülerinnen und Schüler der 8. Klasse auf der Sekundarstufe I aus fünf unterschiedlichen Deutschschweizer Kantonen. Die Ergebnisse aus dieser Arbeit zeigten, dass die Wirksamkeit von Serious Games im Rahmen eines Quasi-Experiments analysiert werden können. Die in der Pilotstudie angewandte Forschungsmethode soll im Rahmen des geplanten Projekts weiter modifiziert werden. 
Der theoretische Rahmen für die Dissertation wird durch eine Forschungssynthese aus qualitativer sowie quantitativer Wissenschaft bestimmt. Daraus werden Hypothesen gebildet, die mit einer quasiexperimentellen Untersuchung überprüft werden. Dazu werden ca. 600 Schweizer Schülerinnen und Schülern der 7. und 8. Klassen der Sekundarstufe I als Studienteilnehmende akquiriert und in möglichst gleich grosse Untersuchungsgruppen eingeteilt. Mittels Pre- (T0) und Post-Tests (T1) wird nach sechsmonatiger Interventionsphase die Wirksamkeit als auch die Einsetzbarkeit des Serious Games like2be im Schulunterricht zur Beruflichen Orientierung evaluiert. Die anschliessende statistische Datenauswertung soll die Überprüfung der Hypothesen ermöglichen und damit Antworten auf die Forschungsfragen liefern.
 
Literatur
Chu, Hui-Chun; Chang, Shao-Chen (2014). Developing an educational game for migratory bird identification based on a twotier test approach. Educational Technology Research & Development, 62(2), S. 147-161.

Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz, D-EDK (2016). Lehrplan 21. Broschüre Berufliche Orientierung 2016. Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz, D-EDK (2016). Lehrplan 21. Broschüre Grundlagen 2016.

Gottfredson, Linda S. (2002). Gottfredson’s Theory of Circumscription, Compromise and Self-Crreation. In: Brown, Duane (2002). Career Choice and Development. San Francisco: Josey-Bass, S. 85-14.

Hainey, Thomas; Connolly, Thomas; Stansfield, Mark; Boyle, Liz (2011). The Use of Computer Games in Education. A review of the Literature. In: Felicia, Patrick (Hrsg.). (2011). Handbook of Research on Improving Leanring and Motivation through Educational Games. Hershey: Information Science Reference.

Iten, Nina; Petko, Dominik (2016). Learning with serious games: Is fun playing the game a predictor of learning success? British Journal of Educational Technology, 47(1), S. 151-163.

Makarova, Elena; Lüthi, Janine; Hofmann, Monika (2017). Innovative Wege einer gendersensiblen Berufsorientierung: Das elektronische Lernspiel like2be. In: Brüggemann, Tim; Driesel-Lange, Katja; Weyer, Christian. (Hrsg.). (2017). Instrumente zur Berufsorientierung - Pädagogische Praxis im wissenschaftlichen Diskurs. Münster, New York: Waxmann.

Vu, Phu; Feinstein, Sheryl (2017). An Exploratory Multiple Case Study about Using Game-Based Learning in STEM Classrooms. International Journal of Research in Education and Science, 3(2), S. 582-588. Yang, Kai-Hsiang; Chu, Hui-Chun; Chiang, Li-Yu (2018). Effects of a Progressive Promting-based Educational Game on Second Graders’ Mathematics Learning Performance and Behavioral Patterns. Educational Technology & Society, 21(2), S. 322-334.